Umstrittener Wiederaufbau
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Turm der Potsdamer Garnisonkirche wird wiedereröffnet
Offizieller Festakt für ein nach wie vor umstrittenes Bauwerk: Am Vormittag wird in Potsdam der wieder aufgebaute Turm der Garnisonkirche eröffnet. Ab Freitag soll er für die Öffentlichkeit zugänglich sein – allerdings nicht umsonst.
Nach langer Planung und viel Streit wird am Donnerstag der wiedererrichtete Turm der Garnisonkirche in Potsdam eröffnet. Dazu wird Bundespräsident und Schirmherr Frank-Walter Steinmeier eine Ansprache halten. Auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sowie der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, werden erwartet.
Turm und Ausstellung sind ab dann Freitag für die Öffentlichkeit zugänglich. Besucher können dann erstmals von der 57 Meter hohen Aussichtsplattform einen Rundumblick genießen – über 365 Stufen oder mit dem Aufzug erreichbar.
Kritiker sehen Symbol des Militarismus
Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, die Reste wurden 1968 gesprengt. Die Rekonstruktion der historischen Garnisonkirche ist seit Jahren umstritten. Kritiker sehen darin ein Symbol des Militarismus und einen Identifikationsort rechter Kräfte. Sie verweisen auf den historischen ”Tag von Potsdam” im März 1933, als Reichspräsident Paul von Hindenburg vor der Garnisonkirche dem neuen Reichskanzler Hitler die Hand reichte.
In den frühen 1990er Jahren begann eine von Ex-Bundeswehroffizier Max Klaar gegründete Traditionsgemeinschaft, Spendengelder zu sammeln. Wegen der fragwürdigen Gesinnung der Initiative regte sich rasch Widerstand.
Kirche soll Ort für Friedensarbeit werden
Die evangelische Kirche gründete schließlich eine eigene Stiftung, die seit 2017 den Wiederaufbau betreibt. Sie will den Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren. Eine Ausstellung mit dem Titel ”Glaube, Macht und Militär” soll sich kritisch mit der Geschichte und den politischen Entwicklungen befassen. Peter Leinemann vom Stiftungsvorstand will mit dem Konzept eines Bildungs- und Gedenkortes Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen: ”Ich lade alle ein, die Veranstaltungen zu besuchen und sich die Ausstellung anzuschauen und dann gerne weiter miteinander zu diskutieren.”
Der Pfarrer und Programmvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Jan Kingreen, sagte am Donnerstag dem rbb, es gebe an diesem Ort keinerlei Anknüpfungspunkte für Rechtsradikale. Die Geschichte werde stattdessen schonungslos aufgearbeitet.
Sarah Krieg von der Bürgerinitiative ”Potsdam ohne Garnisonkirche” überzeugt das nicht. ”Ich finde, dass eine Touristenattraktion in Verbindung mit dieser problematischen Geschichte nicht möglich ist.” Zur Eröffnung sei daher eine Kundgebung mit einem ”Morgenfluch” als Gegenstück zu dem in der Turmkapelle angebotenen ”Segen to go” geplant, so Krieg.
Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte am Donnerstag dem rbb, dass mit der Wiedereröffnung der Kirche die Diskussion über das Bauwerk nicht beendet sei. Die Kirche dürfe nicht einseitig betrachtet werden. Befürworter des Wiederaufbaus würden darauf verweisen, dass die Kirche zu Zeiten der DDR abgerissen wurde. Es sei wichtig, dass sich die Gesellschaft hier einen Raum leiste, an dem Diskussionen möglich seien.
Der Streit um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche
Eintritt für zwölf Euro
Tickets für die Eröffnung können bereits online gebucht werden, der Eintritt für den Turm kostet zwölf Euro für die Ausstellung und die Aussichtsplattform, das ”Potsdam Panorama”. Ermäßigt sind es sieben Euro. Auf die Besucherplattform passen maximal 60 Menschen gleichzeitig.
Die Baukosten, die laut Stiftung rund 42 Millionen Euro betragen, finanziert überwiegend der Bund. 30 Prozent der Summe seien durch Spenden zusammen gekommen, so die Stiftung. Eine Besonderheit: Jedermann kann für Ziegelsteine (100 Euro) und Treppenstufen (für 2.500 Euro und 5.000 Euro) spenden. Dafür können sich die Unterstützer etwa mit einem wichtigen Datum und Namen darauf verewigen.
Plan für das höchste Gebäude Potsdams
Ganz fertig ist der Turm aber noch nicht. Eine 30 Meter hohe Haube muss erst noch gefertigt werden. Sie soll laut Stiftungsvorstand 2026 auf das Bauwerk kommen – mit dann fast 90 Metern das höchste Gebäude Potsdams.
Gewissermaßen als Provisorium wirken auch die acht Turmfenster, die mit Plexiglas verschlossen sind. Eigentlich vorgesehene Holzlamellen seien für rund 300.000 Euro zunächst zu kostspielig, sagte Kingreen. Auch vom Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist beim Stiftungsvorstand kaum noch die Rede.
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.08.2024