Bluthochdruck: Charité-Ärzte beantworten die 11 wichtigsten Fragen

Berlin. Bluthochdruck schadet der Gesundheit. Doch wie entsteht er, welche Symptome treten auf und was sind die Folgen? Zwei Ärzte geben Antworten. Mehr als ein Drittel aller in Deutschland lebenden Menschen leiden unter Bluthochdruck, viele von ihnen wissen es aber nicht. Wenn Bluthochdruck unbehandelt bleibt, nimmt das Risiko für gefährliche Folgeerkrankungen zu. Symptome, Ursachen und


Berlin. Bluthochdruck schadet der Gesundheit. Doch wie entsteht er, welche Symptome treten auf und was sind die Folgen? Zwei Ärzte geben Antworten.

  • Mehr als ein Drittel aller in Deutschland lebenden Menschen leiden unter Bluthochdruck, viele von ihnen wissen es aber nicht.
  • Wenn Bluthochdruck unbehandelt bleibt, nimmt das Risiko für gefährliche Folgeerkrankungen zu.
  • Symptome, Ursachen und Behandlung – wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Bluthochdruck zusammengestellt.

Bluthochdruck kann gefährlich und langfristig sogar tödlich sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von einem „stillen Killer“. Experten empfehlen: Wenn Sie älter als 35 Jahre sind, sollten Sie Ihren Blutdruck regelmäßig messen. Denn häufig erkennen wir Bluthochdruck zufällig und erst dann, wenn er schon längst irreversible Schäden an den Gefäßen angerichtet hat.

Aber wie entsteht Bluthochdruck überhaupt? Welche Symptome treten auf? Und was kann man selbst tun, um den Blutdruck zu senken? Antworten auf die wichtigsten Fragen geben unsere beiden Experten von der Charité, Dr. Markus van der Giet und Dr. Philipp Stawowy.

Was ist Blutdruck?

Der Blutdruck bezeichnet den Druck, den der Blutfluss auf die Gefäße ausübt. Dabei wird zwischen dem systolischen (oberen) und dem diastolischen (unteren) Blutdruck unterschieden. Der systolische Wert gibt an, wie stark der Druck in der Anspannungsphase oder Systole des Herzens ist. In dieser Phase pumpt das Herz das Blut in das Gefäßsystem. In der Entspannungsphase oder Diastole füllt sich das Herz mit Blut. Der diastolische Wert gibt die Stärke des dadurch entstehenden Drucks in den Gefäßen an. Der Blutdruck wird in der Einheit Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) gemessen.

Sind beide Werte oder nur einer der beiden erhöht, handelt es sich um Bluthochdruck. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet arterielle Hypertonie

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Welche Blutdruck-Werte sind normal?

Gemäß der Leitlinien der Europäischen Gesellschaften für Hypertonie und Kardiologie (ESH & ESC) gilt ein Blutdruck von bis zu 120/80 mmHg als ideal. Studien haben gezeigt, dass insbesondere ein systolischer Blutdruck unter 120 mmHg wirksam Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann. Als normal gilt ein systolischer Wert unter 130 mmHg in Kombination mit einem diastolischen Wert unter 85 mmHg.

Ab welchem Wert spricht man von Bluthochdruck?

Werte von bis zu 139/89 mmHg gelten zwar als hoch, aber noch im Normbereich („hochnormal“). Es besteht erst dann eine Hypertonie – also Bluthochdruck –, wenn der Blutdruck bei der Messung in einer Arztpraxis an zwei verschiedenen Zeitpunkten höher als 140/90 mmHg liegt. Für die Selbstmessung zu Hause bildet ein Blutdruck von 135/85 mmHg den Grenzwert.

Dass bei der Messung in der Arztpraxis ein höherer Wert veranschlagt wird, liegt am sogenannten Weißkittelsyndrom: Viele Menschen sind beim Arztbesuch angespannt und nervös. Das kann den Blutdruck kurzzeitig in die Höhe schnellen lassen.

Wichtig: Die Norm- und Grenzwerte lassen sich nicht ohne Weiteres auf ältere Menschen übertragen. So ist etwa ein Blutdruckwert über 140/80 mmHg bei einem 70-Jährigen anders zu bewerten als bei einer 30-jährigen Person. Da sich mit zunehmendem Alter die Gefäße verändern – sie werden steifer und durch Verkalkungen enger –, muss das Blut mit stärkerem Druck durch die Gefäße gepumpt werden, damit der Blutfluss trotz der „Hindernisse“ in den Gefäßen intakt bleibt.

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Wie kann ich meinen Blutdruck messen?

Hausärzte messen den Blutdruck in der Regel routinemäßig. Zudem bieten auch viele Apotheken Blutdruckmessungen an. Allerdings ist diese nur für Menschen kostenlos, die mindestens ein blutdrucksenkendes Medikament einnehmen. Bei allen anderen übernehmen die Krankenkassen einmal im Jahr die Kosten für die Messung in der Apotheke. Dazu gehören neben der Blutdruckkontrolle auch eine Dokumentation der Werte und eine Risikoeinschätzung durch das pharmazeutische Personal.

Wer bereits unter Bluthochdruck leidet und medikamentös behandelt wird oder ein erhöhtes Risiko für Hypertonie hat, etwa aufgrund des Alters oder einer relevanten Vorerkrankung, sollte seine Werte nicht nur beim Arztbesuch ermitteln lassen. Dann ist es wichtig, den Blutdruck regelmäßig zu Hause zu kontrollieren. Das gilt insbesondere für Betroffene mit einem schwer einstellbaren Bluthochdruck.

Für die Heimmessung gibt es Blutdruckmessgeräte für den Oberarm und für das Handgelenk. Letztere sind zwar praktischer, da das Display direkt in der Manschette integriert ist. Für ältere Menschen ist die Messung am Handgelenk allerdings nicht die beste Wahl, denn altersbedingte Veränderungen an den kleinen Gefäßen im Handgelenk können die Daten verfälschen. Hier lesen Sie, was Sie beachten sollten, wenn Sie Ihren Blutdruck richtig messen wollen.

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Welche Symptome deuten auf Bluthochdruck?

Regelmäßige Blutdruckkontrollen zu Hause stellen sicher, dass Betroffene erhöhte Werte frühzeitig erkennen. Denn häufig treten bei einer Hypertonie lange Zeit keine Beschwerden auf, sagt Philipp Stawowy: „Zunächst macht die arterielle Hypertonie – von Notfällen abgesehen – keine oder nur geringe und wenig spezifische Symptome, die erstmal nicht an einen Bluthochdruck denken lassen“. Zu diesen Symptomen gehören: 

  • Abgeschlagenheit
  • Müdigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Nasenbluten
  • Luftnot bei Belastung

Da die Symptome nicht eindeutig auf Bluthochdruck hinweisen, können mitunter Jahre vergehen, bis eine Hypertonie festgestellt wird: „Leider wird der Bluthochdruck oft erst diagnostiziert, wenn es zu spät ist und Komplikationen oder sogar ein Notfall vorliegen – etwa Niereninsuffizienz, Schlaganfall oder Herzinfarkt“, erklärt Stawowy. 

Unser Experte

Prof. Dr. Philipp Stawowy ist stellvertretender Klinikdirektor an der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Virchow-Klinikum des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC). Seine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die interventionelle Kardiologie und die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Er ist Hypertensiologe und Mitglied der klinischen Kommission der Deutschen Hochdruckliga sowie Leiter des Hypertoniezentrums am DHZC. 

Was sind die Ursachen für Bluthochdruck?

Laut Markus van der Giet lässt sich der Bluthochdruck in neun von zehn Fällen nicht auf eine Ursache zurückführen. So habe der Großteil der Betroffenen eine familiäre Veranlagung. Eine klare Ursache finde sich dagegen nur bei rund 10 Prozent der Erkrankten.

Hierzu gehören laut van der Giet Nierenerkrankungen, eingeengte Blutgefäße zur Niere (Nierenarterienstenose), Schlafstörungen wie obstruktive schlafbezogene Atemstörungen (OSAS) oder hormonelle Ursachen, wie ein Hormonüberfluss in der Nebenniere. Auch eine Schilddrüsenüberfunktion kann eine hormonelle Störung mit Bluthochdruck zur Folge haben.

Bluthochdruck: Welche Risikofaktoren gibt es?

Wenn eine Erkrankung hinter der Blutdruckerhöhung steckt, sprechen Mediziner von einer sekundären Hypertonie. Ist die Ursache genetisch bedingt oder unklar, handelt es sich um eine primäre Hypertonie. Diese kann Stawowy zufolge mehrere Ursachen haben: „Faktoren wie Vererbung oder Salzempfindlichkeit spielen neben zum Teil noch unbekannten weiteren Faktoren eine Rolle.“

Zu den wichtigsten (kontrollierbaren) Risikofaktoren für Bluthochdruck gelten:

Warum tritt Bluthochdruck in den Wechseljahren auf?

Spätestens ab dem 45. Lebensjahr sollten Frauen auf einen gesunden Lebensstil achten und ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren lassen, rät die Deutsche Hochdruckliga. Denn mit dem Einsetzen der Menopause um das 50. Lebensjahr herum entwickeln viele Frauen Bluthochdruck. In den ersten Jahren ist den Angaben zufolge sogar mehr als die Hälfte der Frauen betroffen.

Verantwortlich dafür ist der stark abnehmende Östrogenspiegel. In jungen Jahren schützt das weibliche Sexualhormon vor Bluthochdruck, indem es die Gefäße weitet und sie vor Ablagerungen (Arteriosklerose) schützt. Das ist einer der Gründe, warum Frauen bis zur Lebensmitte meist niedrigere Blutdruckwerte als Männer aufweisen und seltener eine Hypertonie entwickeln.

In der Neufassung der Bluthochdruckleitlinien von 2023 führt die ESC erstmals Risikofaktoren für Bluthochdruck auf, die speziell für ältere Frauen gelten:

  • Frühes Einsetzen der Wechseljahre vor dem 45. Lebensjahr
  • Komplikationen in früheren Schwangerschaften
  • Bluthochdruck in der Schwangerschaft

Gut zu wissen

Es wird auch empfohlen, bei einer Hormonersatztherapie zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden (oder im Rahmen einer Geschlechtsumwandlung) den Blutdruck regelmäßig kontrollieren zu lassen, auch wenn die Einnahme von synthetischen Hormonen offiziell nicht als Risikofaktor für Bluthochdruck gilt. 

Welche Folgen kann Bluthochdruck haben?

Wenn Bluthochdruck unentdeckt bleibt, kann das schwere Folgen haben. Der erhöhte Druck verhärtet die Gefäße und trägt zu Verkalkungen bei. Die Gefäßschäden werden lebensgefährlich, wenn sie zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Auch eine chronische Herzschwäche oder Nierenschäden und Schäden an der Netzhaut sind mögliche Folgen von krankhaftem Bluthochdruck.

Es gilt zudem als gesichert, dass Bluthochdruck vaskuläre Demenz auslösen kann. Bei dieser Demenzform wird der Gedächtnisverlust durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht.

Was tun bei Bluthochdruck?

Die Behandlungsmöglichkeiten von chronischem Bluthochdruck hängen auch davon ab, ob ihm eine primäre oder eine sekundäre Hypertonie zugrunde liegt. Bei sekundärem Bluthochdruck führe die Behandlung der Grunderkrankung oft zur Heilung des Bluthochdrucks führe, erklärt Stawowy: „Leider betrifft diese Form der arteriellen Hypertonie aber nur die Wenigsten.“ Viel öfter entwickelten Patienten dagegen eine primäre Hypertonie. Dabei müssen Betroffene dauerhaft blutdrucksenkende Medikamente, sogenannte Antihypertensiva, einnehmen.

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Es gibt jedoch Möglichkeiten, den Blutdruck natürlich ohne Medikamente zu senken, sagt van der Giet: „Die Basis jeder Blutdrucksenkung sind die sogenannten Allgemeinmaßnahmen: Bei Übergewicht eine gesunde Ernährung, Sport und eine Reduktion des Salzkonsums, ausreichend Schlaf, Stressabbau, kein Rauchen und wenig bis gar kein Alkohol.“ Besonders eine an den Bluthochdruck angepasste Ernährung mit viel Gemüse, Obst und wenig Fleisch kann auf Dauer dazu beitragen, die Werte natürlich zu senken.

Ab wann sind Medikamente gegen Bluthochdruck notwendig?

Ein gesunder Lebensstil ist ein wichtiger Bestandteil in der Bluthochdruck-Behandlung. Aber: „Diese Maßnahmen reichen oftmals aber nicht aus, sodass dann auch medikamentös behandelt werden muss“, sagt Stawowy. Fällt der Blutdruck trotz aller Bemühungen nicht unter 140/90 mmHg, müssen Blutdrucksenker zum Einsatz kommen. So lautet auch die offizielle Empfehlung. Am häufigsten verschreiben Mediziner Betablocker, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten und Diuretika gegen Bluthochdruck.

„Bestehen bei den Patienten Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus dann sind unter Umständen die Zielwerte sogar ‚strenger‘ und wir behandeln auch früher medikamentös“, erklärt Statowy weiter. Wie die Behandlung aussehen muss, wird im Einzelfall entschieden: „Die Therapie und deren Intensität ist immer das Ergebnis einer individuellen Gesamt-Risikobetrachtung und berücksichtigt dabei weitere Faktoren wie die Cholesterinwerte oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder die koronare Herzkrankheit“, so der Kardiologe.

Können Hausmittel gegen Bluthochdruck helfen?

Johannisbeeren, Nüsse, Kohl: Auch blutdrucksenkende Lebensmittel können bei regelmäßigem Verzehr einen Beitrag dazu leisten, dass sich der Blutdruck reguliert. Das gilt aber nur, wenn sie in einer gesunden Ernährungsweise eingebettet sind.

Manchen Lebensmitteln wird auch eine schnelle Wirkung gegen Bluthochdruck nachgesagt, z.B. Zitronen oder Pfefferminztee. Innerhalb weniger Minuten sollen sie den Blutdruck spürbar senken, wird oft behauptet. Zwar legen wissenschaftliche Untersuchungen nahe, dass sich vor allem Gemüse, aber auch viele Obstsorten positiv auf den Blutdruck auswirken. Belege für einen Soforteffekt fehlen jedoch.

Es gibt Hausmittel gegen Bluthochdruck, die tatsächlich eine kurze Linderung der Symptome verschaffen können. Der Effekt ist aber auch hier nicht von Dauer. Ohnehin sollten Betroffene bei Bluthochdruck von einer Selbstbehandlung absehen. Welche Maßnahmen sinnvoll oder erforderlich sind, um den Blutdruck zu senken, sollte immer mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin abgeklärt werden.

Quellen

Mancia, G. [u.a.]: 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH), in: Journal of Hypertension, 2023, Vol. 41.

Li, J. [u.a.]: Effects of Intensive Blood Pressure Lowering Treatment in Reducing Risk of Cardiovascular Events. AHA Scientific Sessions 2023, Philadelphia 11.-13. November.

Bluthochdruck in den Wechseljahren oft unterschätzt, in: hochdruckliga.de